Entwicklung der Spielerberater-Branche (I)

Einleitung

Die Entwicklung des Spielerberaters von einer sozialen Norm ohne offiziellen Status zu einem begehrten Beruf, der für das Funktionieren der globalen Fußballmärkte von zentraler Bedeutung ist, lässt sich grob in vier Perioden aufteilen, die ebenfalls die kommerzielle Verbreitung des Sports widerspiegeln:

  • 1900-1960: Scouting und Vermittlung im Auftrag von Vereinen
  • 1960-1995: Vertretung von Fußballspielern
  • 1995-2015: Professionalisierung der Branche
  • seit 2015: Ära der Superagenten

In diesem Beitrag betrachten wir die Anfänge der Spielerberater-Branche im 20. Jahrhundert von der Arbeit mit Vereinen bis hin zur Repräsentation von Spielern. Die weiteren zeitlichen Perioden werden in den folgenden Beiträgen näher beleuchtet.

Scouting und Vermittlung im Auftrag von Vereinen

Seit Beginn der Professionalisierung des Fußballsports existiert auch das Berufsbild des Vermittlers. Ursprünglich übernahmen diese Scouting- und Rekrutierungsaufgaben für Vereine. Jedoch fokussierten sich immer mehr Vereine auf die Scoutingarbeit und verringerten damit die Wichtigkeit von Vermittlern als Mittelsmännern durch die Entstehung von eigenen Scouting-Netzwerken.

Anlass dafür war die Einführung eines sogenannten „Retain & Transfer“-System im Jahr 1893 in Großbritannien. Dieses System bot den Fußballvereinen die Möglichkeit, viel Kontrolle über Spielertransfers auszuüben. So übernahmen die meisten Vereine selbst Verantwortung für das Verpflichten und Verkaufen von Spielern und die Rolle der Vermittler war nicht mehr zentral für das Transfersystem.

Der englische Fußballverband (FA) vertrat die Meinung, dass die Vermittler gegen die ethischen Grundsätze des Fußballs verstoßen. Dies führte letztendlich dazu, dass jegliche Aktivitäten von Einzelpersonen, die als Vermittler von Vereinen oder Spielern profitierten, offiziell verboten wurden. Obwohl Vereine ihre eigenen Scouting-Netzwerke bildeten und die Zusammenarbeit mit Vermittlern offiziell verboten war, bestand nach wie vor Nachfrage nach den Mittelsmännern.

Das Image der Vermittler war zu diesem Zeitpunkt bereits umstritten. Ein wichtiger Faktor zugunsten der Vermittler war die zunehmende Liberalisierung des globalen Transfermarkts. Bereits sehr früh wurden Spieler aus aller Welt in verschiedene Länder transferiert. Voraussetzung dafür war, dass das Handeln der Vereine mit den jeweiligen inländischen Transfermarktbeschränkungen übereinstimmte. Der englische Fußballverband war zu diesem Zeitpunkt noch kein Mitglied der FIFA. Dementsprechend mussten ausländische Klubs keine Ablösesummen für Spieler aus Großbritannien zahlen. Vermittler aus dem In- und Ausland erkannten eine große Möglichkeit und schlossen sich zusammen, um Spieler aus England ins Ausland zu transferieren.

Die weite Verbreitung von Vermittlern auf den wichtigsten Fußballmärkten begann am Ende des Zweiten Weltkriegs. Es war jedoch keine Arbeitsgesetzgebung zum Schutz von Arbeitnehmern vorhanden, sodass die Spieler nicht professionell beraten wurden. Vielmehr wurden sie wie Ware hin und her transferiert. Auf dem Transfermarkt gab es viele Absprachen zwischen Managern und Direktoren der Vereine. Spielertransfers wurden zu überhöhten Gebühren vereinbart, um Geld in ihrer Steuererklärung zu verbuchen. Die tatsächliche Gebühr des Transfergeschäfts wurde in den Konten des kaufenden Vereins als viel niedriger verbucht. Alle Parteien, die an dem Geschäft beteiligt waren, teilten dann das zusätzliche Geld auf. Nur ein kleiner Teil blieb für den Spieler übrig.

Das damalige Transfersystem wurde als sklavenähnlich kritisiert. Seit den 1950er Jahren kam es in ganz Europa vermehrt zu Konflikten zwischen Spielern und Klubbesitzern. Hauptbestandteil waren Forderungen nach höheren Löhnen oder Wechselwünsche.

Vertretung von Fußballspielern

1960 wurde auch in England akzeptiert, dass die Einschränkungen auf dem Arbeitsmarkt nicht förderlich waren. Die Spielergewerkschaft PFA nutzte ihren Einfluss, um gegen den Höchstlohn und das „Retain & Transfer“-System zu kämpfen. Die Abschaffung des Höchstlohns im Jahr 1961 balancierte die Verhandlungsmacht zwischen Spielern und Vereinen aus. Die meisten Athleten begannen daher, ihre Verträge mit der Beratung und Hilfe persönlicher Vertreter auszuhandeln. In den folgenden drei Jahren stiegen die Löhne der Spieler in der höchsten Spielklasse um 61%.

Im Jahr 1963 wurde die Liberalisierung des Arbeitsmarktes fortgeführt. In diesem Jahr entschied der High Court im Fall George Eastham, dass das „Retain & Transfer“-System illegal sei. Es beinhalte nicht zu rechtfertigende Handelsbeschränkungen. Durch diese Liberalisierung begannen die Spieler, das Machtungleichgewicht auszugleichen. Durch die Flexibilisierung des Spielertransfers ließen Ligen und Fußballverbände den Einsatz von Vermittlern offiziell zu. Es gab jedoch immer noch Einschränkungen für die Freiheit von Spielern: Vereine konnten die Registrierung von Spielern einseitig verlängern, solange Bedingungen angeboten wurden, die denen ihres vorherigen Vertrages entsprachen. Im Wesentlichen konnten sie einen Spieler so lange an den Verein binden, wie der Verein bereit war, für die Dienste des Spielers zu zahlen. Es war unabhängig davon, ob der Spieler überhaupt bei diesem Verein bleiben wollte.

Ende der 1960er Jahre nahm das Medieninteresse am Sport als Teil des regulären Fernsehprogramms enorm zu und brachte enorme Einnahmen für die Ligen. In den späten 1970er Jahren schauten Vereine zunehmend auf den globalen Markt. Somit waren Spieler über ihre nationalen Verbände hinaus vermarktbar. Berater spielten daher zunehmend eine wichtige Rolle bei der Internationalisierung. Die unterschiedlichen Transferbestimmungen und Arbeitsmarktsysteme in verschiedenen Ländern führten zu Herausforderungen in der Informationssicherung. Für Vereine war es nach wie vor sehr schwierig, verlässliche Informationen über die Qualität von Spielern auf nationaler und internationaler Ebene zu erhalten. Auch wenn diese verfügbar waren, war die voraussichtliche zukünftige Leistung der Spieler äußerst schwierig einzuschätzen. Migrationsmuster innerhalb der Fußballindustrie waren hauptsächlich sozial eingebettet. Eine angemessene ökonomische Spielerbewertung war kaum möglich. So konnten Spielerberater ihre Position auf dem Transfermarkt stärken und etablierten Migrationskanäle. Diese wurden durch die Lockerung der Transferbeschränkungen für ausländische Spieler (bspw. England 1978 und Italien 1980) und das Entstehen neuer Märkte (bspw. Zerfall der Sowjetunion) begünstigt.

Die zunehmende Internationalisierung und die damit verbundene Medienberichterstattung in Verbindung mit den Reformen der Transfermarktbestimmungen führten zu Lohnerhöhungen in der gesamten Welt des Fußballs.

Haupteinnahmequelle der Ligen und Vereine sind seither die Einnahmen, die durch die Vermarktung von Übertragungsrechten erzielt werden. Hier sind die Einnahmen (in Millionen Pfund) der Premier League-Vereine in der Spielzeit 1991/1992 und den Saisons zwischen 2011/2012 und 2022/2023 gegenübergestellt.

Der Wert der Spielerverträge nahm also zu. So wurde der Beruf des Fußballberaters lukrativer und eine neue Generation von Beratern entstand. Diese unterstützten Spieler hauptsächlich bei ihren Werbeverträgen oder berieten die Spieler in Rechtsfragen.

Seit den 1980er Jahren sind Berater auf dem Transfermarkt alltäglich. Ohne offizielle Anerkennung durch einen Fußballverband war ihre Tätigkeit jedoch in keiner Weise reguliert. Es fehlte zusätzlich an jeglicher Überwachung bei Transferverhandlungen. Dies führte zu unangemessenen Verhaltensweisen von Beratern, Managern und Fußballdirektoren. In den frühen 1990er Jahren bestätigten einige Fußballmanager illegale Zahlungen an Beratern bei Spielertransfers.

Die FIFA erkannte die Tätigkeit von Spielerberatern erst im Jahr 1994 offiziell an. Reglementiert wurde die Tätigkeit mit einem von allen Fußballverbänden akzeptierten Lizenzierungssystem. Diese formelle Anerkennung implizierte eine strengere Definition und Regelung der Rolle, Pflichten und Verantwortung der Berater. Die Lizenz wurde offiziell von dem jeweiligen nationalen Fußballverband ausgestellt.

Zusammenfassung

Die Tätigkeit des Spielerberaters war ursprünglich die Rolle des reinen Vermittlers. Diese Bezeichnung besteht bereits seit dem frühen 20. Jahrhundert im Fußball. Bis zur Einführung des „Transfer & Retain“-System standen Vermittler im Zentrum aller Transfers. Das Image der Berater ist seit jeher umstritten. Nach einem kurzeitigen Verbot für Vermittlungsarbeit wurde diese Rolle im globalen und liberalen Transfermarkt jedoch immer bedeutsamer. Gründe dafür sind die zunehmende Professionalisierung, Internationalisierung und Medialisierung.

von Dr. Erkut Sogut und Luis Kircher

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